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Mit dem Bau des ersten befestigten Stützpunktes auf La Española –so wurde die Insel neu getauft– beginnt im Jahre 1492 der lange
Transkulturationsprozess, der dem dominikanischen Volk, hervorgegangen aus der Vermischung diverser Kulturen und unterschiedlicher Rassen, seinen charakteristischen Stempel aufdrückte: "Ein Volk von Mestizen
und Mischlingen, sowohl in seinem Glauben als auch in seinen Bräuchen. Eine Kreuzung zwischen spanischen Eroberern und afrikanischen Sklaven, vermischt mit einigen nostalgischen Tropfen indianischen Blutes."
Die Insel La Española war die erste Kolonie in der Neuen Welt, und Santo Domingo war ihre Hauptstadt. Dort enstanden die ersten kulturellen und gesellschaftlichen Institutionen, dort erhoben sich die ersten
Festungen, die ersten Kirchen, die erste Kathedrale, das erste Spital, die ersten Denkmäler und die erste Universität der Neuen Welt.
Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts warf La Española dank ihres Reichtums an
Edelmetallen und Zuckerrohr hohe Erträge ab. Als jedoch die Goldader versiegte, wanderte ein Großteil der Siedler aus.
Französische Seeräuber, die Bukaniere, denen die Insel als Basis für ihr
Schmugglergeschäfte diente, nutzten diesen Augenblick aus, um den westlichen Teil der Insel unter ihre Herrschaft zu bringen, wo sie Saint Domingue gründeten.
Die wirtschaftliche Basis dieser neuen
Kolonie waren die mit afrikanischen Sklaven betriebenen Zuckerrohrplantagen. Mit dem Vertrag von Ryswick ratifizierte Spanien 1697 die Besetzung des westlichen Teils der Insel durch die Franzosen. Im Jahr 1795, ein
Jahrhundert später, während der haitianischen Revolution, trat Spanien die Kolonie von Santo Domingo an Frankreich ab. Der haitianische Revolutionär Toussaint Louverture besetzte 1801 den östlichen Teil der Insel.
Darauf sandte Frankreich ein mächtiges, von Napoleons Schwiegersohn Leclerc angeführtes Geschwader von Kriegsschiffen aus, um seine territorialen Ansprüche durchzusetzen. Die Franzosen rissen für eine Periode von
sechs Jahren das politische Ruder in Santo Domingo an sich, bis sie von einer Gruppierung freiheitsliebender Dominikaner vertrieben wurden. Angeführt von Juan Sánchez Ramírez, verleibten sie dem spanischen
Herrschaftsgebiet erneut den östlichen Teil der Insel ein.
Im Jahre 1822, nach 12 Jahren relativer Ruhe, wurde Santo Domingo nocheinmal von den Haitianern besetzt. Erst 1844 gelang es den um Juan Pablo Duarte
gescharten Dominikanern, die französischen Truppen in die Flucht zu schlagen und einen unabhängigen Staat zu proklamieren: Die Dominikanische Republik. Interne Zwistigkeiten hinderten jedoch die neue Regierung
daran, sich institutionell zu konsolidieren und eine erneute Anektion durch Spanien (1861-1863) entfachte den sogenannten Restaurationkrieg, der schliesslich mit der Rückkehr zur Republik endete.
Von 1916 bis 1924 besetzten amerikanische Infantrietruppen das Land.
Eine ähnliche Invasion wiederholte sich 1965 unter dem fadenscheinigen Vorwand, dass der Militärputsch vom 24 April, der Juan Bosch als
Präsidenten wieder einsetzen sollte, von kommunistischen Kräften gesteuert worden sei. Nach der einunddreissig Jahre währenden Diktatur Rafael L. Trujillos hatten 1962 zum ersten Mal demokratische Wahlen
stattgefunden. Juan Bosch hatte diese damals gewonnen, wurde dann aber von konservativen Kreisen entmachtet.
Der Reichtum an historischen Denkmälern in der Kolonialzone von Santo Domingo ist in der gesamten
Karibik einzigartig: Kirchen, enge Gassen, gepflasterte Straßen, Ruinen, Festungen und Verteidigungswälle sowie eindrucksvolle, in ihrem ursprünglichen Zustand erhaltene Häuser, die bedeutenden Persönlichkeiten der
Kolonialgeschichte gehörten. Die Häuser aus Korallenstein blieben der Kolonie als architektonisches Erbe Spaniens erhalten. Dort spielte sich das Leben rund um den sogenannten patio español ab. Dieser zentrale
Innenhof, der mit Brunnen, Pflanzen und bunten Kacheln geschmückt ist, kann den im damaligen Spanien vorherrschenden maurischen Einschlag nicht verleugnen. Nicht minder bemerkenswert sind die wunderbar erhaltenen
Denkmäler, Festungsanlagen und Kirchen mit ihren Rundbögen und Säulen.
Einige Orte dürfen bei einem historischen Rundgang auf keinen Fall fehlen: Die Basilika Nuestra Señora de la Encarnación –die erste
Kathedrale von Amerika–, der Alcázar de Colón, die Ruinen des Spitals Nicolás de Bari, das Casa del Cordón, die Festung Ozama, das Museum Las Casas Reales, das Mausoleum und die malerische Gasse Calle de las Damas.
In Puerto Plata erhebt sich die älteste erhaltene Festung aus dieser Zeit: Das Fort von San Felipe. In Yuma, in der Nähe von Higüey und Punta Cana gelegen, befindet sich das Haus des grossen Konquistadors Ponce de
León, der für die Spanische Krone weite Territorien in Amerika eroberte.
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